Sonntag, 17. Oktober 2004
Messe Basel

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Donnerstag, 7. Oktober 2004
Herbsttage

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Mittwoch, 29. Oktober 2003
Ein Film über den 11.9. und seine Folgen
Katja Schmid 26.10.2003
Die Autoren der Doku "Aktenzeichen 11.9. ungelöst" sollen nicht mehr für den WDR arbeiten

Jetzt ist es amtlich: Die Fernseh-Autoren Willy Brunner und Gerhard Wisnewski bekommen vom WDR höchstwahrscheinlich keine Aufträge mehr. Weil ihre letzte Arbeit für den WDR "hinsichtlich der journalistischen Sorgfaltspflicht Mängel aufweist, die zu erheblichen Missinterpretationen in der Öffentlichkeit geführt haben." Außerdem stelle das Verhalten der beiden Filmemacher einen "Vertrauensbruch" dar. Auf dieser Basis ist laut Helfried Spitra, Leiter Kultur und Wissenschaft, eine weitere Zusammenarbeit "nicht mehr vorstellbar."1 Die Autoren wiederum betrachten das Vorgehen des WDR als rufschädigend und erwägen rechtliche Schritte.


Im Zentrum der Auseinandersetzung steht die Wisnewski/Brunner-Dokumentation Aktenzeichen 11.9. ungelöst - Lügen und Wahrheiten zum 11. September 2001, die am Freitag, den 20. Juni 2003, um 23.00 Uhr im WDR ausgestrahlt wurde. In dieser Doku stellen die Autoren zum einen die US-amerikanische Vereinigung unansweredquestions.org vor, die das Augenmerk der Öffentlichkeit auf offene Fragen zu den Anschlägen des 11.9. lenken möchte. Zum anderen geht es um das Schicksal jener beiden Passagiermaschinen, die der amerikanischen Regierung zufolge in das Pentagon beziehungsweise in einen Acker bei Shanksville, Pennsylvania, gestürzt sind. Wisnewski und Brunner stellen diese offizielle Version in Frage. Und stützen sich dabei auf die Berichte diverser Augenzeugen. Zum Beispiel auf den Bericht von Ernie Stull, Bürgermeister von Shanksville, der im Film mehrmals sagt, es habe an der Absturzstelle 'kein Flugzeug' ( no airplane gegeben. Weil sich das Flugzeug laut Stull 'total zerlegt' habe.


Der aktuellen Stellungnahme des WDR vorausgegangen war eine Serie von Artikeln und Berichten Ende August, in denen Verschwörungstheorien im Allgemeinen sowie die Thesen von Buch-Autoren wie Mathias Bröckers, Andreas Hauß, Andreas von Bülow und Gerhard Wisnewski unter Beschuss gerieten (vgl. Der Countdown läuft). Auch die Dokumentation von Gerhard Wisnewski und Willy Brunner wurde ins Visier genommen. Besonders der Spiegel ging in seiner Titelgeschichte Panoptikum des Absurden vom 8. September 2003 scharf ins Gericht mit den Filmemachern und den Verantwortlichen beim WDR, die zu diesem Zeitpunkt noch hinter Wisnewski und Brunner standen. Wisnewski warfen die Spiegel-Autoren vor, dass er 'Aussagen und Sachverhalte zurechtbiegt und hinzimmert. Dass dies bis an den Rand der Fälschung geht, zeigt sich dort, wo er über den Absturz der United-Airlines-Boeing 757 nahe der Gemeinde Shanksville in Pennsylvania schreibt'. Worauf Wisnewski sowohl in seinem Buch 'Operation 9/11' als auch im Film 'Aktenzeichen 11.9. ungelöst' hinauswolle, sei die These, 'dass es kein Flugzeug gab'. Mitnichten, wie Wisnewski und Brunner in ihrem Offenen Brief an den Spiegel erklären. Weder Flugzeug noch Aufprall würden in ihrem Film verschwiegen. Allerdings sei nicht zweifelsfrei geklärt, ob die Überreste von der entführten Boeing 757 stammen.

Wann genau der Sinneswandel seitens des WDR einsetzte, war vom Sender nicht zu erfahren. In seiner Stellungnahme gegenüber Wisnewski und Brunner schreibt Helfried Spitra, die Behauptung der beiden, "der WDR habe sich die Sicht der 'verleumderischen Spiegel-Titelgeschichte' zu eigen gemacht", sei nicht zutreffend. Ohne sich explizit auf die Shanksville-Passage zu beziehen, bemängelt allerdings auch Spitra, die Autoren hätten "durch gezielte Auswahl aus dem Interviewmaterial einen Argumentationsbogen konstruiert, der unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs so nicht haltbar ist."




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Die Autoren W. und B. waren vom WDR mit einem Film über die Szene der Verschwörungstheoretiker in den USA zum 9. September [sic] beauftragt worden. Die dort kursierenden Thesen sollten dargestellt, wenn möglich auch bewertet werden. Leider haben die Autoren diesen Auftrag nicht erfüllt; sie haben sogar am eigentlichen Ziel vorbei gearbeitet. Eine interne Prüfung ergab schnell die Mängel des Film. Die Autoren haben es mit der journalistischen Sorgfaltspflicht nicht allzu genau genommen. Aussagen von Zeugen wurden entstellt wieder gegeben, Zeugen, die der Argumentation des Films widersprochen hätten, erst gar nicht befragt. Dem WDR wurden von den Autoren wichtige Hintergrundinformationen vorenthalten. Der WDR hat schnell reagiert und die Thesen des misslungenen Films zur Diskussion gestellt. Herr W. hat aber auch in dieser Sendung nicht überzeugen können. Stattdessen wurden seine abenteuerlichen Thesen durch Fakten widerlegt, vorgetragen von anerkannten Wissenschaftlern und Experten.
Mail der Presseabteilung des WDR vom 24.10.2003 an Telepolis





Tatsache ist, dass der WDR für den 10. September 2003 - also nur zwei Tage nach Erscheinen der Spiegel-Titelstory - eine Sendung mit dem Titel Täuschung oder Wahrheit? vorbereitet hatte. Darin sollte Gerhard Wisnewski gegenüber Hans Leyendecker - der sich in einem Radiointerview und einem SZ-Artikel vehement gegen "Verschwörungsidioten" und "Verschwörungs-Junkies" gewendet hatte - nicht nur seine eigenen Thesen, sondern auch die Thesen anderer "Verschwörungstheoretiker" rechtfertigen. Leyendecker zur Seite standen drei Experten zur Seite, außerdem hatte die Redaktion sechs Einspielfilme (Intro; Todespiloten; Absturzstelle Pentagon; Absturzstelle Shanksville; Einsturz WTC; Suche nach überlebenden Attentätern) vorbereitet. Moderiert wurde das Ganze von Helmut Rehmsen. Bei insgesamt 60 Minuten Sendezeit blieb für Wisnewskis Argumente zwangsläufig wenig Raum. Rückblickend sagt Wisnewski: "Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich dem Sender voll vertraut." Zumal die Redaktion der Sendung in den Händen von Matthias Kremin lag - demselben Redakteur, mit dem Wisnewski und Brunner bei 'Aktenzeichen 11. 9. ungelöst' zu tun hatten und der in Wisnewskis Buch auf Seite 366 in der Danksagung auftaucht. Hätte Wisnewski geahnt, was auf ihn zukommt, wäre er nicht allein angetreten, sondern hätte seinerseits auf aussagekräftigen Experten bestanden. Außerdem arbeitete der WDR zum Teil mit Animationen - ohne dabei auf offizielle Daten zurückgreifen zu können, weil diese bislang nicht freigegeben wurden von den US-amerikanischen Behörden. Insofern sind diese Animationen keinesfalls 'Beweismaterial', sondern höchstens 'Szenarien'.

Dass Wisnewski und Brunner nicht mehr für den WDR arbeiten dürfen, erfuhren die beiden aus dem Spiegel vom 22. September 2003. Dort hieß es auf der letzten Seite in der Rubrik 'Der SPIEGEL berichtete ...':




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... in Nr. 37/2003 'Verschwörung 11. September - Wie Konspirationsfanatiker die Wirklichkeit auf den Kopf stellen' über Verschwörungstheorien zu den Anschlägen des 11. September. Dabei ging es auch um die fragwürdigen Methoden des WDR-Autors Gerhard Wisnewski. Verschwörungstheoretiker Wisnewski und sein Co-Autor Willy Brunner hatten für den Westdeutschen Rundfunk eine entsprechende Dokumentation gedreht ('Aktenzeichen 11. 9. ungelöst'). Die Autoren Gerhard Wisnewski und Willy Brunner dürfen nicht mehr für den Sender arbeiten. Das wurde vergangene Woche in der Sitzung des Rundfunkrats bekannt. Der WDR fühlt sich von ihnen "getäuscht". Intendant Fritz Pleitgen distanzierte sich nach Beschwerden von Rundfunkräten von dem Beitrag; der sei kein Ruhmesblatt.





In den Augen von Wisnewski und Brunner ist diese Meldung in dreifacher Hinsicht ein Skandal. Erstens falle die Personalpolitik des WDR nicht in den Zuständigkeitsbereich des Spiegel. Zweitens haben die Sitzungen des Rundfunkrats nicht-öffentlichen Charakter; die Teilnehmer sind zur Verschwiegenheit verpflichtet; Außenstehende werden höchstens über die Tagesordnungspunkte, nicht jedoch über "über Inhalt und Verlauf" informiert, wie Reinhard Grätz, Vorsitzender des Rundfunkrats des WDR, am 8. Oktober 2003 den Autoren gegenüber bestätigt. Und drittens hätten die beiden gerne aus erster Hand erfahren, wie es um ihr Ansehen beim WDR steht. Per Fax baten die Autoren den WDR um Stellungnahme. Außerdem verfassten sie einen Offenen Brief an den Spiegel. Und berichteten auf ihren Websites in regelmäßigen Abständen über den aktuellen Stand der Dinge. Wobei der Tonfall zunehmend schärfer wurde. Ein Verhalten, das vom zuständigen Redaktionsleiter Helfried Spitra als "nicht akzeptabel" bewertet wird. Die Autoren halten dagegen: "Wir sind gezwungen, weiteren Schaden von uns abzuwenden. Daher müssen wir den Rufschädigungen entgegentreten."


Was die Dokumentation von Wisnewski und Brunner angeht, so sind laut Reinhard Grätz "Sendungen, die sich im weitesten Sinne mit dem Thema '11. September' beschäftigt haben, [...] naturgemäß mehrfach nachbetrachtet worden". In diesem Zusammenhang wurde in der Ausschuss-Sitzung auch über die Dokumentation 'Aktenzeichen 11.9. ungelöst' gesprochen. "Selbstverständlich" habe der Vorsitzende des Rundfunkrats "weder die Medien noch irgendeinen Außenstehenden über den diskutierten Sitzungsteil informiert". Falls ein anderer Teilnehmer der Sitzung die Regeln der oben skizzierten Informationspolitik überschritten haben sollte, dann fehlen Grätz nach eigener Aussage "die kriminalistischen Möglichkeiten, den Urheber zu finden". Ganz ähnlich argumentiert Helfried Spitra: "Was der Spiegel über nichtöffentliche Sitzungen des Rundfunkrats behauptet, hat der WDR nicht zu verantworten."

Merkwürdig an der Angelegenheit ist die Tatsache, dass der Sender monatelang nichts auszusetzen hatte an 'Aktenzeichen 11.9. ungelöst'. Die Doku war Teil der vom WDR initiierten Reihe 'Das andere Amerika' und bescherte dem WDR eine sensationell gute Quote von 4,8 Prozent Marktanteil (Quelle: Media Control) bundesweit. Das entspricht einer Reichweite von 0,77 Million Zuschauer. Zum Vergleich: Im Juni 2003 lag die Quote bei durchschnittlich 2,7 Prozent bundesweit; im zweiten und dritten Quartal 2003 bei 2,5 Prozent bundesweit. Anders als seinerzeit angekündigt, wurde die Doku nicht wiederholt. Über die Gründe schweigt der WDR sich aus. Allerdings kann man sich anhand des Manuskripts über den Inhalt informieren. Auch die WDR-Seite zur Dokumentation ist nach wie vor abrufbar. Das Gästebuch zur Sendung wurde inzwischen geschlossen. Eine Zeit lang konnten sich die User an der Diskussion zum Thema Hat der 11. September die Welt verändert? beteiligen. Inzwischen wurde jedoch auch diese Diskussion beendet.


Dass Fernsehmacher abgestraft werden, kommt durchaus vor. Allerdings geschieht dies meist heimlich still und leise. Auf diese Weise verliert keiner sein Gesicht. Kennern der Branche zufolge ist es inzwischen leider üblich, dass festangestellte Redakteure die direkte Auseinandersetzung mit freien Mitarbeitern scheuen. Statt etwaige Mängel direkt zu kritisieren, gibt es einfach keine Folgeaufträge mehr. Um Nachschub müssen sich die Redaktionen trotzdem keine Sorgen machen. Sorgt doch die allgemeine Medienkrise für ein Überangebot an Freien.

Offizielle Rügen werden im Bereich Fernsehen nur selten ausgesprochen. Bei öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wie dem WDR wäre der hauseigene Rundfunkrat zuständig. Weil sich so ein Rundfunkrat jedoch aus Vertretern einer ganzen Reihe von gesellschaftlich relevanten Gruppierungen zusammensetzt, kommen nur selten die erforderlichen Mehrheiten zustande. Die letzte Rüge, auf die sich der Rundfunkrat des WDR einigen konnte, liegt zwei Jahre zurück und traf den damaligen Monitor-Moderator Klaus Bednarz. Unter dem Titel 'Berufliche Fortbildung: Milliarden-Abzocke von Steuergeldern' hatte das Kölner Magazin am 5. Juli 2001 über ein Ausbildungs- und Umschulungszentrum für Computerfachleute in Erfurt berichtet und der Einrichtung nicht nur klägliches Versagen, sondern auch milliardenschwere Verschwendung von Steuergeldern unterstellt. Zu Unrecht, wie die Redaktion bald darauf eingestehen musste. Die Rüge erregte seinerzeit großes Aufsehen, denn sie war die erste seit zehn Jahren.


Im Printbereich sind Rügen sehr viel gängiger. Bundesweit zuständig ist der Deutsche Presserat. Die Palette der Missfallensbekundungen reicht vom schlichten 'Hinweis' über die 'Missbilligung' bis hin zur 'Rüge', die - je nachdem, ob die Persönlichkeitsrechte von Opfern betroffen sind oder nicht - entweder öffentlichen oder nicht-öffentlichen Charakter haben kann. 95 Prozent der Printmedien haben sich in der so genannten Freiwilligen Selbstverpflichtungserklärung verpflichtet, öffentliche Rügen im Blatt zu publizieren. Allerdings geschieht dies selten zeitnah und nicht gerade auf der Titelseite, so dass sich der Imageschaden jeweils in Grenzen hält. In diesem Jahr wurden bereits 14 Rügen ausgesprochen.

Die Art und Weise, in der Wisnewski und Brunner kritisiert werden, werten die Autoren als Rufmord. Nicht mehr für den WDR arbeiten zu dürfen, käme einem Berufsverbot gleich. Natürlich kann der WDR seinen freien Mitarbeitern weder 'kündigen' noch ein 'Arbeitsverbot' auferlegen. Denn der WDR ist - wie jeder andere Arbeitgeber auch - frei in der Wahl seiner freien Mitarbeiter. Darüber hinaus haben die Entscheidungen des WDR Signalwirkung. Denn der WDR ist nicht nur der größte Sender innerhalb der ARD, sondern auch einer der wichtigsten Auftraggeber im Bereich Dokumentarfilm. Wisnewski und Brunner befürchten nicht zuletzt, dass an ihnen ein Exempel statuiert wird, das andere Filmemacher und Journalisten einschüchtern soll, die sich mit dem 11. September befassen.

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Ein Film über den 11.9. und seine Folgen
Katja Schmid 26.10.2003
Die Autoren der Doku "Aktenzeichen 11.9. ungelöst" sollen nicht mehr für den WDR arbeiten

Jetzt ist es amtlich: Die Fernseh-Autoren Willy Brunner und Gerhard Wisnewski bekommen vom WDR höchstwahrscheinlich keine Aufträge mehr. Weil ihre letzte Arbeit für den WDR "hinsichtlich der journalistischen Sorgfaltspflicht Mängel aufweist, die zu erheblichen Missinterpretationen in der Öffentlichkeit geführt haben." Außerdem stelle das Verhalten der beiden Filmemacher einen "Vertrauensbruch" dar. Auf dieser Basis ist laut Helfried Spitra, Leiter Kultur und Wissenschaft, eine weitere Zusammenarbeit "nicht mehr vorstellbar."1 Die Autoren wiederum betrachten das Vorgehen des WDR als rufschädigend und erwägen rechtliche Schritte.


Im Zentrum der Auseinandersetzung steht die Wisnewski/Brunner-Dokumentation Aktenzeichen 11.9. ungelöst - Lügen und Wahrheiten zum 11. September 2001, die am Freitag, den 20. Juni 2003, um 23.00 Uhr im WDR ausgestrahlt wurde. In dieser Doku stellen die Autoren zum einen die US-amerikanische Vereinigung unansweredquestions.org vor, die das Augenmerk der Öffentlichkeit auf offene Fragen zu den Anschlägen des 11.9. lenken möchte. Zum anderen geht es um das Schicksal jener beiden Passagiermaschinen, die der amerikanischen Regierung zufolge in das Pentagon beziehungsweise in einen Acker bei Shanksville, Pennsylvania, gestürzt sind. Wisnewski und Brunner stellen diese offizielle Version in Frage. Und stützen sich dabei auf die Berichte diverser Augenzeugen. Zum Beispiel auf den Bericht von Ernie Stull, Bürgermeister von Shanksville, der im Film mehrmals sagt, es habe an der Absturzstelle 'kein Flugzeug' ( no airplane gegeben. Weil sich das Flugzeug laut Stull 'total zerlegt' habe.


Der aktuellen Stellungnahme des WDR vorausgegangen war eine Serie von Artikeln und Berichten Ende August, in denen Verschwörungstheorien im Allgemeinen sowie die Thesen von Buch-Autoren wie Mathias Bröckers, Andreas Hauß, Andreas von Bülow und Gerhard Wisnewski unter Beschuss gerieten (vgl. Der Countdown läuft). Auch die Dokumentation von Gerhard Wisnewski und Willy Brunner wurde ins Visier genommen. Besonders der Spiegel ging in seiner Titelgeschichte Panoptikum des Absurden vom 8. September 2003 scharf ins Gericht mit den Filmemachern und den Verantwortlichen beim WDR, die zu diesem Zeitpunkt noch hinter Wisnewski und Brunner standen. Wisnewski warfen die Spiegel-Autoren vor, dass er 'Aussagen und Sachverhalte zurechtbiegt und hinzimmert. Dass dies bis an den Rand der Fälschung geht, zeigt sich dort, wo er über den Absturz der United-Airlines-Boeing 757 nahe der Gemeinde Shanksville in Pennsylvania schreibt'. Worauf Wisnewski sowohl in seinem Buch 'Operation 9/11' als auch im Film 'Aktenzeichen 11.9. ungelöst' hinauswolle, sei die These, 'dass es kein Flugzeug gab'. Mitnichten, wie Wisnewski und Brunner in ihrem Offenen Brief an den Spiegel erklären. Weder Flugzeug noch Aufprall würden in ihrem Film verschwiegen. Allerdings sei nicht zweifelsfrei geklärt, ob die Überreste von der entführten Boeing 757 stammen.

Wann genau der Sinneswandel seitens des WDR einsetzte, war vom Sender nicht zu erfahren. In seiner Stellungnahme gegenüber Wisnewski und Brunner schreibt Helfried Spitra, die Behauptung der beiden, "der WDR habe sich die Sicht der 'verleumderischen Spiegel-Titelgeschichte' zu eigen gemacht", sei nicht zutreffend. Ohne sich explizit auf die Shanksville-Passage zu beziehen, bemängelt allerdings auch Spitra, die Autoren hätten "durch gezielte Auswahl aus dem Interviewmaterial einen Argumentationsbogen konstruiert, der unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs so nicht haltbar ist."




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Die Autoren W. und B. waren vom WDR mit einem Film über die Szene der Verschwörungstheoretiker in den USA zum 9. September [sic] beauftragt worden. Die dort kursierenden Thesen sollten dargestellt, wenn möglich auch bewertet werden. Leider haben die Autoren diesen Auftrag nicht erfüllt; sie haben sogar am eigentlichen Ziel vorbei gearbeitet. Eine interne Prüfung ergab schnell die Mängel des Film. Die Autoren haben es mit der journalistischen Sorgfaltspflicht nicht allzu genau genommen. Aussagen von Zeugen wurden entstellt wieder gegeben, Zeugen, die der Argumentation des Films widersprochen hätten, erst gar nicht befragt. Dem WDR wurden von den Autoren wichtige Hintergrundinformationen vorenthalten. Der WDR hat schnell reagiert und die Thesen des misslungenen Films zur Diskussion gestellt. Herr W. hat aber auch in dieser Sendung nicht überzeugen können. Stattdessen wurden seine abenteuerlichen Thesen durch Fakten widerlegt, vorgetragen von anerkannten Wissenschaftlern und Experten.
Mail der Presseabteilung des WDR vom 24.10.2003 an Telepolis





Tatsache ist, dass der WDR für den 10. September 2003 - also nur zwei Tage nach Erscheinen der Spiegel-Titelstory - eine Sendung mit dem Titel Täuschung oder Wahrheit? vorbereitet hatte. Darin sollte Gerhard Wisnewski gegenüber Hans Leyendecker - der sich in einem Radiointerview und einem SZ-Artikel vehement gegen "Verschwörungsidioten" und "Verschwörungs-Junkies" gewendet hatte - nicht nur seine eigenen Thesen, sondern auch die Thesen anderer "Verschwörungstheoretiker" rechtfertigen. Leyendecker zur Seite standen drei Experten zur Seite, außerdem hatte die Redaktion sechs Einspielfilme (Intro; Todespiloten; Absturzstelle Pentagon; Absturzstelle Shanksville; Einsturz WTC; Suche nach überlebenden Attentätern) vorbereitet. Moderiert wurde das Ganze von Helmut Rehmsen. Bei insgesamt 60 Minuten Sendezeit blieb für Wisnewskis Argumente zwangsläufig wenig Raum. Rückblickend sagt Wisnewski: "Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich dem Sender voll vertraut." Zumal die Redaktion der Sendung in den Händen von Matthias Kremin lag - demselben Redakteur, mit dem Wisnewski und Brunner bei 'Aktenzeichen 11. 9. ungelöst' zu tun hatten und der in Wisnewskis Buch auf Seite 366 in der Danksagung auftaucht. Hätte Wisnewski geahnt, was auf ihn zukommt, wäre er nicht allein angetreten, sondern hätte seinerseits auf aussagekräftigen Experten bestanden. Außerdem arbeitete der WDR zum Teil mit Animationen - ohne dabei auf offizielle Daten zurückgreifen zu können, weil diese bislang nicht freigegeben wurden von den US-amerikanischen Behörden. Insofern sind diese Animationen keinesfalls 'Beweismaterial', sondern höchstens 'Szenarien'.

Dass Wisnewski und Brunner nicht mehr für den WDR arbeiten dürfen, erfuhren die beiden aus dem Spiegel vom 22. September 2003. Dort hieß es auf der letzten Seite in der Rubrik 'Der SPIEGEL berichtete ...':




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... in Nr. 37/2003 'Verschwörung 11. September - Wie Konspirationsfanatiker die Wirklichkeit auf den Kopf stellen' über Verschwörungstheorien zu den Anschlägen des 11. September. Dabei ging es auch um die fragwürdigen Methoden des WDR-Autors Gerhard Wisnewski. Verschwörungstheoretiker Wisnewski und sein Co-Autor Willy Brunner hatten für den Westdeutschen Rundfunk eine entsprechende Dokumentation gedreht ('Aktenzeichen 11. 9. ungelöst'). Die Autoren Gerhard Wisnewski und Willy Brunner dürfen nicht mehr für den Sender arbeiten. Das wurde vergangene Woche in der Sitzung des Rundfunkrats bekannt. Der WDR fühlt sich von ihnen "getäuscht". Intendant Fritz Pleitgen distanzierte sich nach Beschwerden von Rundfunkräten von dem Beitrag; der sei kein Ruhmesblatt.





In den Augen von Wisnewski und Brunner ist diese Meldung in dreifacher Hinsicht ein Skandal. Erstens falle die Personalpolitik des WDR nicht in den Zuständigkeitsbereich des Spiegel. Zweitens haben die Sitzungen des Rundfunkrats nicht-öffentlichen Charakter; die Teilnehmer sind zur Verschwiegenheit verpflichtet; Außenstehende werden höchstens über die Tagesordnungspunkte, nicht jedoch über "über Inhalt und Verlauf" informiert, wie Reinhard Grätz, Vorsitzender des Rundfunkrats des WDR, am 8. Oktober 2003 den Autoren gegenüber bestätigt. Und drittens hätten die beiden gerne aus erster Hand erfahren, wie es um ihr Ansehen beim WDR steht. Per Fax baten die Autoren den WDR um Stellungnahme. Außerdem verfassten sie einen Offenen Brief an den Spiegel. Und berichteten auf ihren Websites in regelmäßigen Abständen über den aktuellen Stand der Dinge. Wobei der Tonfall zunehmend schärfer wurde. Ein Verhalten, das vom zuständigen Redaktionsleiter Helfried Spitra als "nicht akzeptabel" bewertet wird. Die Autoren halten dagegen: "Wir sind gezwungen, weiteren Schaden von uns abzuwenden. Daher müssen wir den Rufschädigungen entgegentreten."


Was die Dokumentation von Wisnewski und Brunner angeht, so sind laut Reinhard Grätz "Sendungen, die sich im weitesten Sinne mit dem Thema '11. September' beschäftigt haben, [...] naturgemäß mehrfach nachbetrachtet worden". In diesem Zusammenhang wurde in der Ausschuss-Sitzung auch über die Dokumentation 'Aktenzeichen 11.9. ungelöst' gesprochen. "Selbstverständlich" habe der Vorsitzende des Rundfunkrats "weder die Medien noch irgendeinen Außenstehenden über den diskutierten Sitzungsteil informiert". Falls ein anderer Teilnehmer der Sitzung die Regeln der oben skizzierten Informationspolitik überschritten haben sollte, dann fehlen Grätz nach eigener Aussage "die kriminalistischen Möglichkeiten, den Urheber zu finden". Ganz ähnlich argumentiert Helfried Spitra: "Was der Spiegel über nichtöffentliche Sitzungen des Rundfunkrats behauptet, hat der WDR nicht zu verantworten."

Merkwürdig an der Angelegenheit ist die Tatsache, dass der Sender monatelang nichts auszusetzen hatte an 'Aktenzeichen 11.9. ungelöst'. Die Doku war Teil der vom WDR initiierten Reihe 'Das andere Amerika' und bescherte dem WDR eine sensationell gute Quote von 4,8 Prozent Marktanteil (Quelle: Media Control) bundesweit. Das entspricht einer Reichweite von 0,77 Million Zuschauer. Zum Vergleich: Im Juni 2003 lag die Quote bei durchschnittlich 2,7 Prozent bundesweit; im zweiten und dritten Quartal 2003 bei 2,5 Prozent bundesweit. Anders als seinerzeit angekündigt, wurde die Doku nicht wiederholt. Über die Gründe schweigt der WDR sich aus. Allerdings kann man sich anhand des Manuskripts über den Inhalt informieren. Auch die WDR-Seite zur Dokumentation ist nach wie vor abrufbar. Das Gästebuch zur Sendung wurde inzwischen geschlossen. Eine Zeit lang konnten sich die User an der Diskussion zum Thema Hat der 11. September die Welt verändert? beteiligen. Inzwischen wurde jedoch auch diese Diskussion beendet.


Dass Fernsehmacher abgestraft werden, kommt durchaus vor. Allerdings geschieht dies meist heimlich still und leise. Auf diese Weise verliert keiner sein Gesicht. Kennern der Branche zufolge ist es inzwischen leider üblich, dass festangestellte Redakteure die direkte Auseinandersetzung mit freien Mitarbeitern scheuen. Statt etwaige Mängel direkt zu kritisieren, gibt es einfach keine Folgeaufträge mehr. Um Nachschub müssen sich die Redaktionen trotzdem keine Sorgen machen. Sorgt doch die allgemeine Medienkrise für ein Überangebot an Freien.

Offizielle Rügen werden im Bereich Fernsehen nur selten ausgesprochen. Bei öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wie dem WDR wäre der hauseigene Rundfunkrat zuständig. Weil sich so ein Rundfunkrat jedoch aus Vertretern einer ganzen Reihe von gesellschaftlich relevanten Gruppierungen zusammensetzt, kommen nur selten die erforderlichen Mehrheiten zustande. Die letzte Rüge, auf die sich der Rundfunkrat des WDR einigen konnte, liegt zwei Jahre zurück und traf den damaligen Monitor-Moderator Klaus Bednarz. Unter dem Titel 'Berufliche Fortbildung: Milliarden-Abzocke von Steuergeldern' hatte das Kölner Magazin am 5. Juli 2001 über ein Ausbildungs- und Umschulungszentrum für Computerfachleute in Erfurt berichtet und der Einrichtung nicht nur klägliches Versagen, sondern auch milliardenschwere Verschwendung von Steuergeldern unterstellt. Zu Unrecht, wie die Redaktion bald darauf eingestehen musste. Die Rüge erregte seinerzeit großes Aufsehen, denn sie war die erste seit zehn Jahren.


Im Printbereich sind Rügen sehr viel gängiger. Bundesweit zuständig ist der Deutsche Presserat. Die Palette der Missfallensbekundungen reicht vom schlichten 'Hinweis' über die 'Missbilligung' bis hin zur 'Rüge', die - je nachdem, ob die Persönlichkeitsrechte von Opfern betroffen sind oder nicht - entweder öffentlichen oder nicht-öffentlichen Charakter haben kann. 95 Prozent der Printmedien haben sich in der so genannten Freiwilligen Selbstverpflichtungserklärung verpflichtet, öffentliche Rügen im Blatt zu publizieren. Allerdings geschieht dies selten zeitnah und nicht gerade auf der Titelseite, so dass sich der Imageschaden jeweils in Grenzen hält. In diesem Jahr wurden bereits 14 Rügen ausgesprochen.

Die Art und Weise, in der Wisnewski und Brunner kritisiert werden, werten die Autoren als Rufmord. Nicht mehr für den WDR arbeiten zu dürfen, käme einem Berufsverbot gleich. Natürlich kann der WDR seinen freien Mitarbeitern weder 'kündigen' noch ein 'Arbeitsverbot' auferlegen. Denn der WDR ist - wie jeder andere Arbeitgeber auch - frei in der Wahl seiner freien Mitarbeiter. Darüber hinaus haben die Entscheidungen des WDR Signalwirkung. Denn der WDR ist nicht nur der größte Sender innerhalb der ARD, sondern auch einer der wichtigsten Auftraggeber im Bereich Dokumentarfilm. Wisnewski und Brunner befürchten nicht zuletzt, dass an ihnen ein Exempel statuiert wird, das andere Filmemacher und Journalisten einschüchtern soll, die sich mit dem 11. September befassen.

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Stupid White Moore
Michael Moore spielt den Richter: Er hält Mumia Abu-Jamal für schuldig



Der Dokumentarfilmer, Oskar-Gewinner und Buchautor Michael Moore ist mit seinem Bestseller »Stupid White Men« und den darin enthaltenen starken Sprüchen über George W. Bush zu einem Stichwortgeber für kritische Kreise in den USA und Europa geworden. Was er sagt oder schreibt, findet großes Medienecho. Kürzlich löste seine öffentliche Fürsprache für General Wesley Clark als US-Präsidentschaftskandidat Erstaunen aus. Er erklärte den Oberbefehlshaber des völkerrechtswidrigen Krieges gegen Jugoslawien zum »Friedenskandidaten«. Moore mußte sich nachsagen lassen, daß ihm jedes Mittel und jeder Gegenkandidat recht sei, wenn damit nur Bushs Thron angesägt werde. Nun hat Moore wieder zugeschlagen. Aktivisten, die sich für den seit 1982 in der Todeszelle sitzenden Journalisten und Bürgerrechtler Mumia Abu-Jamal engagieren, kritisieren Moore heftig wegen seiner Behauptung, Abu-Jamal habe den Polizisten Daniel Faulkner 1981 »wahrscheinlich umgelegt«. Dieses Urteil verbreitet Moore nämlich in seinem neuesten Buch »Dude, Where's My Country?«, in dem es auf Seite 189 heißt: »Mumia hat den Typen wahrscheinlich umgelegt. Okay, jetzt habe ich's gesagt. Das heißt ja nicht, daß man ihm einen fairen Prozeß verweigern oder ihn hinrichten sollte. Aber weil wir nicht wollen, daß er oder sonst jemand hingerichtet wird, könnte ja bei dem Bemühen, ihn zu verteidigen, die Tatsache übersehen worden sein, daß er den Bullen umgelegt hat. Das schmälert ja nicht die Sprachgewandtheit seiner Bücher und Kolumnen oder die wichtige Stellung, die er jetzt auf der internationalen politischen Bühne eingenommen hat. Aber er hat den Typen wahrscheinlich umgelegt.« David Lindorff warf nun in dem US-Magazin Counterpunch die Frage auf, wieso Moore zu diesem Schluß komme. Moore hatte 1997 noch geschrieben: »Ich will, daß Mumia lebt, ich habe deshalb die Petitionen unterzeichnet und Geld für die Zeitungsanzeigen bezahlt – verdammt, ich werde noch persönlich hingehen und dem Gouverneur von Pennsylvania in den Hintern treten!« Lindorff, Autor des Buches »Killing Time«, einer akribischen Analyse des Falles von Abu-Jamal, entwickelt in Counterpunch faktenreich die Argumentation, wieso der Prozeß gegen Abu-Jamal nicht einen einzigen haltbaren Schuldnachweis erbracht habe, und daß erst recht alle Untersuchungen seitens der Verteidigung ausschließlich nur Beweise für die Uschuld des Todeskandidaten zutage gefördert hätten. Lindorff wirft Moore vor, wie schon andere Intellektuelle vor ihm rechne er nun mit der Linken ab, weil sie den »Kontakt zum Mainstream-Amerika verloren« habe. Wenn Moore aber indirekt einräume, Abu-Jamal habe keinen fairen Prozeß gehabt, dann, so Lindorff, werfe das doch die Frage auf, mit welchen Informationen und Beweisen er sein Urteil fälle. Lindorff schließt seine scharfe Verurteilung des »unentschuldbaren« Verhaltens: »Leute wie Michael Moore schulden ihren Lesern mehr, als dieses schlecht informierte und ignorante Gesabber abzusondern und sich als Journalisten aufzuspielen. Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber wenn jemand seine Stammtischparolen schon an die Öffentlichkeit bringt, muß seine Meinung auf Fakten basieren.« In Philadelphia hat das Internationale Komitee der Angehörigen und Freunde Abu-Jamals Moore ultimativ dazu aufgefordert, sich den Vorwürfen öffentlich zu stellen. Man erwarte das von ihm gerade jetzt, da der Kampf um das Leben Abu-Jamals in die entscheidene letzte Phase trete und es darum ginge, die Justiz zu zwingen, nach 20 Jahren endlich die vielfältigen Unschuldsbeweise gerichtlich zu würdigen.



Richter will »Nigger grillen« USA: Zulassung von Beweisen zur Entlastung von Mumia Abu-Jamal wird weiter blockiert Am 8. Oktober hat der Oberste Gerichtshof von Pennsylvania mehrere Anträge der Verteidigung des US-Bürgerrechtlers Mumia Abu-Jamal abgelehnt. Damit sind die Papiere aus den vergangenen beiden Jahren, mit denen die Anerkennung weiterer Unschuldsbeweise durch das Gericht gefordert wurde, zur Makulatur erklärt worden.

In einer ersten Stellungnahme hat der neue Hauptanwalt Abu-Jamals, der seit 30 Jahren ausschließlich in Todesstrafenverfahren auftretende Anwalt Robert R. Bryan aus San Francisco, vor allem die Teilnahme von Richter Castille an dieser Entscheidung kritisiert. Castille war jahrelang offen für die Hinrichtung von Abu-Jamal eingetreten.

Daß »der Bock zum Gärtner gemacht wurde«, ist eine Erkenntnis, die im Verlaufe des sich seit nunmehr 21 Jahren da-hinschleppenden Verfahrens in all seinen Rechtszügen gewonnen werden mußte. Unfaßbar war für die Weltöffentlichkeit, daß derselbe Richter Sabo, berüchtigt als »Henker in Richterrobe«, der Abu-Jamal 1982 zum Tode verurteilte, 1995 darüber entscheiden durfte, ob ein Wiederaufnahmeverfahren zugelassen wird. Seit seiner Ablehnung eines neuen Prozesses im September 1995 befassen sich die Staats- und Bundesgerichte in Pennsylvania mit der Flut von neuen Beweisen, die die Verteidigung im Laufe von über zehn Jahren für die Unschuld Abu-Jamals erbracht hat. Bis heute haben es alle angerufenen Gerichte geschafft, keinen dieser Beweise in die Akten aufzunehmen. Die Standardbegründung wie bei der jüngsten Entscheidung hieß: »Der Antrag wurde zu spät eingereicht.«

Für Rechtsanwalt Bryan ist es ein Unding, daß selbst das offene Bekenntnis von Richter Sabo, »ich werde dabei helfen, den Nigger zu grillen«, das von der Gerichtsstenographin Terri Maurer-Carter bezeugt wurde, nicht als Beleg für den rassistischen Charakter des Todesurteils zu den Akten genommen werden soll. Bryan: »Der Vorsitzende Richter hat bereits vor der Entscheidung der Geschworenen klar seine Motivation zu erkennen gegeben und gesagt, er werde dafür sorgen, daß Mumia Abu-Jamal verurteilt und hingerichtet wird. Die dümmliche Begründung, die das Gericht dafür gibt, ist, daß die Frage der Befangenheit von Sabo bereits vor Jahren behandelt worden sei und man keine Voreingenommenheit des Richters habe feststellen können. Die wichtige Aussage von Terri Maurer-Carter war aber zum damaligen Zeitpunkt noch gar nicht bekannt!«

Für Bryan gibt es keine Zweifel, warum der Oberste Gerichtshof diese Zeugin nicht hören will: »Weil ihre Aussage nicht nur den rassistischen Charakter des Verfahrens gegen meinen Mandanten entlarvt. Nicht nur dieser eine Richter, nicht nur Philadelphia und Pennsylvania, sondern das gesamte Justizsystem der USA wird dadurch angeklagt. Und das wollen sie unter den Teppich kehren. Richter Castille hatte in seiner Amtszeit als Staatsanwalt ein enges kollegiales Verhältnis zu Richter Sabo und will natürlich nicht, daß dieser Richter heute vor aller Welt als Rassist entlarvt wird.«

Richter Yohn von der ersten Bundesgerichtsinstanz in Pennsylvania hat am 18. Dezember 2001 in einem Urteil die Ablehnung des Wiederaufnahmeverfahrens, wie sie Richter Sabo 1995 gefaßt hatte, bestätigt und gleichzeitig entschieden, das Todesurteil in lebenslange Haft zu verwandeln. Dieses Urteil ist bis zum heutigen Tage nicht rechtskräftig; die weitere Verhandlung darüber war durch die erneuten Verhandlungen vor den Staatsgerichten blockiert. Yohns Entscheidung basierte auf dem einzig von ihm zugelassenen Berufungsgrund, den auch Rechtsanwalt Bryan als wesentlich hervorhebt: »Bundesrichter Yohn hat zwar nur einen Grund, nämlich die rassistische Voreingenommenheit bei der Geschworenenauswahl, zur Berufung zugelassen hat, es gibt aber weitere, die wir jetzt erneut vorbringen werden. Es geht dabei zum Beispiel um die Tatsache, daß Mumia die Hälfte der Zeit vom Verfahren ausgeschlossen war. Wir haben aber nur ein Ei im Korb. Wenn es zerschlagen wird, haben wir nichts mehr in der Hand, und Mumia wird hingerichtet. Also müssen wir zusehen, mehr Eier in den Korb zu bekommen, das heißt, es müssen weitere Verfahrensrügen zur Berufung zugelassen werden.«

Robert R. Bryan läßt keinen Zweifel daran, daß die nun vor den Bundesgerichten anstehende juristische Auseinandersetzung nur Erfolg haben kann, wenn die internationale Solidaritätsbewegung einen starken öffentlichen Druck erzeugt. Die Bürgerrechtsaktivistin Angela Davis und der legendäre afroamerikanische Schauspieler Ossie Davis tragen dem in ihrem dringenden Appell Rechnung, mit dem sie die Öffentlichkeit zur Unterstützung und zu Spenden aufrufen: »Mumia Abu-Jamal ist der derzeit bekannteste politische Gefangene der USA. Das Todesurteil gegen ihn ist eine solche Schande, daß es von Staatsführungen in aller Welt, vom Europäischen Parlament wie von Amnesty International öffentlich verurteilt wurde.«

(Siehe auch Interview mit Robert R. Bryan)

* Info: www.freedom-now.de

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